Digitales Chaos
Letzte Woche ist die Schule wieder losgegangen - zumindest bei uns in Bayern. Und dieses Jahr bedeutet das etwas ganz besonderes für mich. Meine große Tochter startet in ihr erstes Jahr. Das macht mich als Vater stolz und aufgeregt zugleich. Denn nicht nur beginnt nun der sogenannte Ernst des Lebens, sondern jetzt ist der Zeitpunkt, an dem wir als Erwachsene es so richtig versauen können. Nichts prägt ein Kind mehr als die Schulzeit. Leider lauern überall Fallstricke. Das geht schon bei Fragen der modernen Pädagogik los. Wieso lernen denn Kinder heute so zu schreiben, wie sie Hören. Da kommen dann so lustige Wörter wie Fähriän (Ferien; Anm. des Übersetzers) oder Wainachtän (na, wer errät es) raus. Sowas hätte es früher nie gegeben. Allerdings muss ich mir als Elternteil natürlich die Frage stellen ob es deshalb falsch ist oder ob nicht wir früher die unausgewogenere Pädagogik genossen haben. Die Generation vor uns ist noch vom Lehrer verprügelt worden und ich kann mir gut vorstellen, dass das ein oder andere damalige Elternteil es als extrem progressiv empfunden hat, dass sowas nicht mehr möglich war.
Kurzum - wir müssen uns als Eltern nicht nur der Frage stellen, was gut oder schlecht für unsere Kinder ist, sondern uns auch mit dem, wenn auch extrem abwegigen Gedanken auseinandersetzen, dass früher eben nicht alles besser war. Schwer genug. Die größte Herausforderung ist meiner Meinung nach aber eine andere…
Wir leben in einer digitalen Welt. Der Umstand, dass ihr gerade einen Blog auf einem Endgerät lest ist ein ziemlich schlüssiger Beleg dafür. Unseren Kindern geht es diesbezüglich nicht anders. Im Gegensatz zu meiner Generation müssen die sich von Anfang an on- und offline zurechtfinden, was ich zugegebenermaßen ziemlich schwierig finde, wenn man bedenkt, dass sich die meisten Menschen schon mit einer der beiden Welten schwertun. Während unsere Bundeskanzlerin in spe, Sarah Wagenknecht (ja, das war natürlich ein Scherz) versucht den Schülern sämtliche digitale Kompetenz zu nehmen und sogenannte elektrosensible Menschen am liebsten vor jeglicher Art des elektrischen Stroms schützen möchte sehe ich die Dinge etwas anders. Lange Zeit war ich ein Verfechter der Spitzerschen Theorie, nachdem Kinder tatsächlich vor digitalen Einflüssen ferngehalten werden sollten, weil, laut dem Neurologen Manfred Spitzer, das kindliche Gehirn in seiner Entwicklung gestört wird, wenn es zu vielen digitalen Reizen ausgesetzt wird. Allerdings sehe ich das mittlerweile ein Bisschen anders. Die Frage ist nämlich wohin sich der kleine Klumpen Nervengewebe im Schädel eines Menschen entwickeln soll und muss. Werden Kinder, die sich früh mit digitalen Inhalten beschäftigen in der Lage sein später mal durch die Savanne zu tigern und ihr Essen selbst zu erlegen? Wohl eher nicht. Aber das sind halt auch nicht mehr die Ansprüche, die an einen modernen Menschen gestellt werden. Verwehren wir unserem Nachwuchs allerdings die Möglichkeit sich von klein an digital zu orientieren, dann wird die Generation unserer Kinder unaufholbar abgehängt sein. Denn in der Indischen oder Chinesischen Gesellschaft gibt niemand irgendwas auf die Theorien irgendeines Deutschen Hirnforschers. Da können die Kids mit Abschluss der Grundschule ihre eigenen Spiele programmieren. Und das wiederum ist ein klarer Vorteil in einer immer digitaler werdenden Welt.
Am Ende stellt sich also die Frage, ob Kinder von Klein auf mit elektronischen Endgeräten aufwachsen sollen gar nicht, denn die Alternative es nicht zu tun ist keine Alternative, sondern ein Ausschlusskriterium. Was wir als Eltern aber tun müssen ist unseren Nachwuchs vor den Schattenseiten des Netzes zu bewahren. Und die sind leider mannigfaltig. Das Stichwort hier lautet also: Digitale Kompetenz. Ich befürchte allerdings, dass weder Deutsche Schulen noch wir Eltern so richtig auf diese Herausforderung vorbereitet sind. Das Problem ist ein typisch Deutsches. Es ist im Grunde wie beim Klimawandel auch. Während der Rest der Welt Strategien im Umgang mit einer neuen Situation entwickelt versucht der Deutsche die Situation wegzudiskutieren oder einen Ausweg zu finden, der alles doch nicht so schlimm macht, oder im Falle der digitalen Medien, einfach aus der Schule wegrationalisiert. Der richtige Weg im Umgang mit dieser neuen Herausforderung (die ja so neu nicht ist) wäre aber die aktive Integration, gerne auch begleitet von Psychologen und geschultem Personal, in jede Form von schulischer Aktivität. Denn am Ende ist es immer besser, wenn die Kids etwas vernünftig beigebracht bekommen, als wenn sie sich ihren eignen Weg im Umgang suchen. Der kann nämlich fatal enden - siehe Cybermobbing und schlimmeres.
Eine Frage, die sich jungen Eltern außerdem stellt ist noch ungleich komplizierter. Sollte man dem Nachwuchs bei Eintritt in die Schule ein Handy zur Verfügung stellen. Wir selbst haben diese Frage ausführlich mit einer Kinderpsychologin erörtert. Das Ergebnis möchte ich euch hier noch nicht verraten, weil ich gern mal eure Meinung dazu wissen würde. Schreibt sie mir doch gern in die Kommentare!